Das Thema Nachhaltigkeit ist auch in Sylter Hotels und Gastronomiebetrieben zum allgegenwärtigen Schlagwort geworden. Doch wie genau können sich diese nachhaltiger aufstellen und welche Vorteile können sich daraus ergeben?Sylt kocht CO2-bewusst

Diese Ambition rückte das erste Mal im Rahmen der Familienwochen 2022 mit den sogenannten Klima-Info-Gerichten in den Fokus und wurde anlässlich der Nachhaltigkeitstage 2023 vertieft.
Dazu fand erstmalig der kostenlose Workshop „Nachhaltige Menügestaltung“ vom 20.-21.09.2023 statt. Zu Gast im Hotel Severin*s Resort & Spa, das selbst mit dem GreenSign-Zertifikat ausgezeichnet ist, waren Küchenchefs der Betriebe Ferienzentrum Wenningstedt, Restaurant Vogelkoje, Coast Restaurant, Bistro Naturgewalten und Hotel Rungholt.

Harald Gratenau von blueContec, einer Beratungsagentur im Bereich Nachhaltigkeit und Tourismus, zeigte eine Bandbreite möglicher Herangehensweisen auf. Praxisnah und fundiert konnte der gelernte Koch und Hotelbetriebswirt in zwei aufeinander aufbauenden Workshop-Modulen den interessierten Teilnehmenden konkrete Ansatzpunkte und die damit verbundenen Vorteile für den eigenen Betrieb vermitteln.


Best Practice anstatt Verbotsmentalität

Der Workshop verzichtete bewusst auf eine ‚Verbotsmentalität‘ oder die Vorgabe konkreter Menüvorschläge. Vielmehr stand Sensibilisierung und die Entwicklung von Ideen im Vordergrund, um auf professioneller Ebene den Trends in der Gastronomie und den Ansprüchen der Gäste gerecht werden zu können. Zentral war die „individuelle Auswahl von vorgestellten Maßnahmen/Ideen im Sinne von ‚was passt zu uns'“.
Anhand von Impulsvorträgen zu den Grundlagen der Nachhaltigkeit und der Betrachtung von best practice Beispielen wurde deren potenzielle Übertragbarkeit auf die eigene Küche ins Visier genommen. Zur Quantifizierung der Klimafreundlichkeit können beispielsweise neben dem direkten und indirekten Emissionsausstoß ebenso Gütereinkauf, kochtechnologische Prozesse, Abfälle, Umweltauswirkungen oder der Arbeitsweg der Mitarbeiter als Stellschrauben dienen.

Die Selbsteinschätzung der teilnehmenden Betriebe zum status quo im Bereich Nachhaltigkeit fiel durchaus optimistisch aus: So setzen viele bereits verstärkt auf Maßnahmen zur Abfallvermeidung und -trennung, die Einführung der Recup/Rebowl Systeme oder LED-Umrüstungen. Noch unausgeschöpftes Potenzial wurde in der Substitution CO2-intensiver Produkte oder in der Integration energiesparender Küchengeräte identifiziert.

Raum für Kreativität

Generell lässt die an Nachhaltigkeitsgrundsätzen orientierte Menügestaltung viel Raum für Kreativität: Einen guten Anhaltspunkt bietet dabei ein Fokus auf pflanzliche, regional-saisonale, ökologisch erzeugte sowie energiearm und wenig verarbeitete Zutaten sowie die selbstbewusste Kommunikation der getroffenen Maßnahmen. Vegetarische Gerichte können mit Symbolen gekennzeichnet oder gezielt auf der Speisekarte positioniert werden. Bestehende Fleischgerichte können durch Neukombination der verwendeten Fette und Beilagen zu nachhaltigeren Versionen ihrer selbst werden. Auch die Kreation eines eigenen Klima-Info-Gerichtes ist eine Überlegung wert.

 

Schon kleine Schritte können etwas bewirken

Zahlreiche, mitunter kostenfreie Tools und Dienstleister können auf dem Weg zur nachhaltigeren Menügestaltung unterstützen. Eaternity-Anwendungen wie der Emissionsrechner oder die All you can eat Karte erleichtern die Vergleichbarkeit verschiedener Menüzutaten hinsichtlich ihres CO2-Fußabdrucks sowie die Selektion unmittelbarer Alternativen.
Für den Bezug regionaler Produkte bietet sich der Aufbau eines eigenen Netzwerks lokaler Kooperationspartner oder die Nutzung bereits bestehender Regionalvermarktungsinitiativen wie z.B. FeinHeimisch oder Meck-Schweizer an.
Das Einkaufen bei lokalen Produzenten spart sowohl Transportemissionen als auch Zwischenhändlerkosten. Regionale Zutaten können dabei nicht nur mit Frische punkten, sie stehen gleichzeitig auch für die Option, Gerichte auf authentische und originelle Weise interpretieren und damit dem Interesse der Gäste an authentischer Küche entsprechen zu können – der Ersatz von Balsamicoessig durch Sanddorn ist dabei nur eines von vielen überraschenden Beispielen.

Weitere Unterstützung auf dem Weg zur nachhaltigeren Menügestaltung kann perspektivisch eine professionelle Energieberatung (aktuell förderbar) sein oder, als Ansatzpunkt gegen Lebensmittelverschwendung, die Beteiligung an der Initiative Too Good To Go sowie eine systematische Abfallquantifizierung. Einen niedrigschwelligen Einstieg zur Zertifizierung bereits umgesetzter Nachhaltigkeitsbemühungen bietet z.B. DEHOGA.

Insgesamt konnte Harald Gratenau die Vorteile einer nachhaltigen Menügestaltung besonders deutlich hervorheben: Nachhaltigkeit wirkt selten einschränkend oder unökonomisch – bereits erste Schritte können effektiv sein und entsprechende Investitionen, gerade in puncto Energie, sich schnell relativieren. Letzten Endes fördert eine nachhaltige Ausrichtung langfristige Wirtschaftlichkeit und das Image eines Hotels oder Gastronomiebetriebs.
Über weiterführende Anregungen, Veranstaltungen oder konkrete Unterstützung informieren das TourismusCluster Schleswig-Holstein, der ISTS/Nachhaltigkeit oder blueContec.

Gruppenfoto vor dem Hotel Severin*s
Zu Gast im Hotel Severin*s Resort & Spa: Küchenchefs der Betriebe Ferienzentrum Wenningstedt, Restaurant Vogelkoje, Coast Restaurant, Bistro Naturgewalten und Hotel Rungholt sowie die Organisatorinnen von ISTS und Tourismus Cluster SH.