Sicher datierte Funde aus der mittleren Steinzeit weisen darauf hin: Sylt war bereits etwa 8.000-3.500 v. Chr. bewohnt. Im 8. Jahrhundert machten sich die Friesen aus ihrem ursprünglichen Siedlungsgebiet zwischen Nord-Holland und der Weser auf ins heutige Nordfriesland und wurden auch auf Sylt und deren Nachbarinseln sesshaft. Zur gleichen Zeit hatten Wikinger dort Stützpunkte eingerichtet, trieben wie die Friesen mit hochseetüchtigen Schiffen Handel mit fremden Ländern und Kulturen. Die Wikinger verschwanden ca. 1.100 n. Chr. – die Friesen blieben.
Friesische Kultur
Wie die Mundart, so unterscheidet sich auch die Sylter Tracht von denen der Nachbarinseln. Es gab auf Sylt Trachten für den Alltag, für feierliche Anlässe und für verheiratete Frauen.
Am Ende der Walfangzeit im 18. Jahrhundert schwand der Wohlstand und so nach und nach die kostbaren Kleider mit der Haube (Hüüf) und den vergoldeten Messingmünzen (Döpken). Im Jahre 1975 wurde der „Söl`ring Foriining“ eine Originaltracht von einer Morsumer Familie zur Verfügung gestellt. So konnte eine Rekonstruktion erfolgen und wir können die bemerkenswerte Altsylter Tracht an den Damen der Trachtengruppe des Vereins bewundern. Die Herren trugen von je her, ausgerichtet auf die Seefahrt, die gebräuchlichen Kleider der nordeuropäischen Hafenstädte.
Ein großer Teil der vom Lehrer und Inselchronisten C. P. Hansen ( 1803-1879) aufgeschriebenen Sylter Sagen mögen wohl seiner lebhaften Fantasie entsprungen sein, jedoch hat niemand vor ihm daran gearbeitet, die alten mündlichen Überlieferungen für die Nachwelt zusammenzutragen und zu publizieren. Parallel erforschte und vermaß er seine Heimatinsel Sylt akribisch, sodass die Sylter Sagen nach C. P. Hansen den Anspruch erheben können, jeder kritischen Betrachtung der Orts- und Flurbeschreibungen standzuhalten.
Söl´ring
Friesisch ist wie das zur Gruppe der westgermanischen Sprachen gehörende Englisch, Niederdeutsch und Hochdeutsch eine völlig selbstständige Sprache. Man unterscheidet in drei Mundartgruppen: Westfriesisch, Ostfriesisch und Nordfriesisch. Das Sylter Friesisch „Söl´ring“ gehört zu den inselnordfriesischen Mundarten, jedoch unterscheiden sich diese so stark voneinander, dass sich die Insulaner von Föhr, Amrum, Helgoland und Sylt kaum in ihrer Sprache verständigen können.
Als Umgangssprache ist das Söl´ring auf Sylt fast verschwunden, nur noch wenige Familien, zumeist in den Ostdörfern Archsum und Morsum, geben diesen Kulturschatz an Kinder und Enkel weiter. Vorsichtig geschätzt geht man von nicht mehr als 3 % Söl´ring-Sprechern auf Sylt aus. Durch den starken Zuzug der Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten nach dem 2. Weltkrieg und den stetig wachsenden Tourismus war diese Entwicklung nicht aufzuhalten. In fünf Kindergärten auf Sylt werden die Kleinen spielerisch mit dem Söl´ring in Berührung gebracht und durch einige motivierte Sylter Pädagogen ist es möglich, dass an vier deutschen Grundschulen und einer dänischen Schule ein paar Stunden Söl´ring-Unterricht pro Woche gegeben werden können.
Die „Söl’ring Foriining“, der Sylter Verein, hat sich die Förderung des Söl´ring als Kulturgut zur Aufgabe gemacht. Friesische Publikationen sowie Söl´ring-Sprachkurse werden Interessierten seit Jahrzehnten angeboten. „ Wü snaki Söl´ring“ – „Wir sprechen Söl´ring“
„Rüm Hart – Klaar Kiming“: Weites Herz – klarer Horizont
„Lewer duad üs Slaav“: Lieber tot als Sklave
Traditioneller Sport
Ein Pferd mit Reiter, eine Lanze und ein kleiner Messingring sind die Zutaten für die traditionellen Ringreiterturniere. Im Jahre 1841 fanden auf Sylt die ersten Ringreiterspiele statt und entwickelten sich bis in die heutige Zeit zu beliebten Turnieren für einheimische Zuschauer und Gäste.
Der Reiter muss mit einer etwa zwei Meter langen Lanze einen kleinen, zwischen zwei Pfählen an einer Leine locker aufgehängten Messingring von 12 bis 25 Millimeter aufspießen. Die Turniere finden ab Pfingstsonntag in den Ringreiter-Vereinen der Dörfer Keitum, Archsum und Morsum im vierzehntägigen Rhythmus statt. Seit 1980 reiten auch die Frauenriegen die Königinnenwürde aus. Auf Sylt bestehen insgesamt acht Ringreitervereine mit unterschiedlichsten Uniformen, die teilweise bereits im 19. Jahrhundert gegründet wurden.
Seit 2021 zählt die schleswig-holsteinische Tradition des Ringreitens zum Immateriellen Kulturerbe des Landes.
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Tradition
Viele Traditionen sind bis in die heutige Zeit erhalten geblieben. Es gibt aber auch einige Entwicklungen, die noch nicht allzu lange zurückliegen, mittlerweile aber trotzdem zum Sylter Leben dazu gehören.
Moin – Die Begrüßung auf Norddeutsch
„Moin“, so erklingt es an der Küste an jeder Ecke und zu jeder Tages- und Nachtzeit. Denn hierbei handelt es sich nicht um das norddeutsche „Guten Morgen“, sondern eher um ein allgemeines „Hallo“. Für die Herkunft des Wortes gibt es verschiedene Theorien. Für die Friesen leitet sich „Moin“ von „moi“ ab, das „angenehm, gut, schön“ bedeutet.
Erstmal „Also, erstmal!“
So wie es eine inseltypische Begrüßung gibt, so gibt es natürlich auch die Verabschiedung. Eingefleischte Sylter sagen nicht „Auf Wiedersehen“ oder „Tschüß“, nein, hier sagt man „Erstmal“. Das klingt fast so, als würde man sich nicht richtig verabschieden müssen, da sich die Wege demnächst eh wieder kreuzen.
Friesennerz – Gelb, leuchtend und mittlerweile Kult
An einem Sturm- oder Regentag kann manchmal alles etwas trist wirken. Doch in der Ferne wird man immer etwas Leuchtendes entdecken: der knallgelbe Friesennerz. Entstanden ist die Regenjacke 1965 im dänischen Hörve und war bis in die 80er Jahre nicht wegzudenken. Zurzeit erlebt sie ein Comeback und viele Modegeschäfte haben die Kultjacke im Bestand.
Boßeln – Friesischer Traditionssport
Boßeln ist schon mehrere Jahrhunderte alt und entstand vermutlich im Mittelalter, als zur Abwehr von Feinden Lehmkugeln geworfen wurden. Aus dem Zielweitwurf entstand ein spannender Wettkampf. Noch immer erfreuen sich mehrere Generationen an dem Nationalsport der Friesen. Heute ist das Ziel des Spiels, eine Kugel über eine festgelegte Strecke zu werfen und dabei möglichst wenige Würfe zu benötigen. Der typische Klönschnack darf dabei natürlich nicht fehlen und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass gerade im Winter der eine oder andere Glühwein getrunken wird.
Friesenwälle & Klöntüren
Die vor vielen Sylter Häusern aus Findlingen und Feldsteinen und zum Teil mit Gras durchwachsenen sogenannten Friesenwälle sind eine uralte Form der Grenzen von Baugrundstücken. Mit einer Höhe von etwa einem Meter sollten sie auch die hinter den Häusern liegenden Gemüsegärten schützen. Die ursprüngliche Sylter Tür war zweigeteilt in eine obere und untere Luke, hielt das Federvieh aus dem Haus und ließ trotzdem ein Gespräch mit dem Nachbarn zu. So hat sich der Ausdruck „Klöntür“ eingebürgert.
Porzellan
Die Fliesenwände alter Sylter Häuser sind eine Erinnerung an die um 1630 beginnende Walfangzeit der Sylter Kapitäne. Sie brachten die handbemalten Fliesen aus Holland mit, um die luftschichtlosen Wände ihrer Häuser gegen Feuchtigkeit und Kälte zu schützen. Beliebte Motive waren u. a. biblische Szenen sowie Blumen und Schiffe. Neben wertvollem Gebrauchsporzellan wurden Porzellan-Pekinesen als Zeichen des Wohlstandes mitgebracht.
Jöölboom
Der „Jöölboom“, ein Zeugnis alter Überlieferung heidnischen und religiösen Brauchtums war in Ermangelung von Nadelbäumen ein Ersatz für Adventskranz und Tannenbaum. Der heutige Jöölboom hat vier Kerzen und erfreut sich wachsender Beliebtheit.
Er besteht aus einem rechteckigen Fuß, einem 60 cm hohen Rundstab in der Mitte und drei Querstreben in einem Abstand von ca. 20 cm, die mittlere dabei um ein Drittel länger als die untere und obere. Ein Kranz aus Krähenbeere oder Buchs, an den Streben-Enden befestigt, versinnbildlicht den kürzesten Jahresbogen, den die Sonne zur Mittwinterzeit durchläuft. Gebäckfiguren, wie Adam und Eva mit dem Baum der Erkenntnis, sowie Haustiere als Symbole für Stärke, Treue, Kraft und Wachsamkeit werden befestigt. Äpfel und Backpflaumen stehen für Fruchtbarkeit und unzerstörbare Keimkraft.
Der Silvesterlauf der Kinder mit dem Rummelpott aus Topf, Stock und Schweinsblase gehört fast der Vergangenheit an. Das Maskenlaufen (Maskenloop) der Erwachsenen erfreut sich in den Sylter Ostdörfern weiterhin großer Beliebtheit und man wartet im Hause auf die Maskierten mit ihren Liedern und Gedichten, die das Dorfleben des vergangenen Jahres scherzhaft beleuchten.