Steffen Jahrmarkt ist nicht nur Personalleiter der Insel Sylt Tourismus-Service GmbH, sondern auch leidenschaftlicher Surfer. Und dies geht Hand in Hand mit einer nachhaltigen Lebensweise. Wie man sich aktiv engagiert und mit einfachen Tricks sowie der Umstellung alter Gewohnheiten viel für unsere Umwelt bewirkt, das verrät uns Steffen in seinem super sympathischen Interview.

Surfen, Leben am Meer und nachhaltig leben

Steckbrief

Wie bzw. wann bist du auf Sylt gestrandet: 1999 traf ich in Westaustralien zufällig einige Sylter Rettungsschwimmer, die mir erzählten, dass dies der beste Job der Welt sei. Da habe ich nicht lang gefackelt und saß im darauffolgenden Jahr auch am Strand. Fest hergezogen bin ich dann mit meiner jetzigen Frau im Jahr 2007.

Hobbys: Wassersport, Camping, Back to Nature, Neues ausprobieren.

Was ist der Soundtrack deines Lebens: Oh Mann … der ist lang … letztes Jahr hätte Rage Against The Machine in Berlin spielen sollen … wäre nicht das böse Wort mit C dazwischengekommen.

Über welchen Film hast du am heftigsten diskutiert: Pulp Fiction, The Truman Show, Clockwork Orange.

Welches Buch hat dich nachhaltig beeindruckt: Hesses „Steppenwolf“, Orwells „1984“ und Beigbeders „Neunundreißigneunzig“. Ganz aktuell „Der große Umbruch“ von Klaus Schwab, dem Gründer des Weltwirtschaftsforums in Davos. Außerdem gezwungenermaßen sämtliche Schrauberbücher zu alten Autos.

Leben auf der Insel, was bedeutet das für dich? Endlich am Meer! Beste Freunde! Bester Job! Wenn man auf Sylt lebt, werden Umweltschutz-Themen ganz automatisch wichtig. Im Sturm oder bei Hochwasser erkennt man schnell, dass man sich mit Mutter Erde besser gut stellt.

Interview mit Steffen Jahrmarkt

Du bezeichnest dich selbst als eine Art Hobby-Öko – was heißt das genau?
(lacht) Ich hinterfrage laufend, wie umwelt- und sozialverträglich alltägliche Dinge sind. Die normalsten Dinge der Welt wie Einkaufen, Wäsche waschen, Geschirr spülen, Kleidung kaufen sind oft problematisch: Grundwasserverschmutzung durch Chemikalien, Mikroplastikmüll bei jedem Waschgang von Kunstfasern, Bodenzerstörung durch Monokultur und Glyphosat, Obst und Gemüse aus allen Teilen der Welt, als gäbe es keine Jahreszeiten mehr. Ganz zu schweigen vom ausbeuterischen Abbau seltener Erden für unsere Touchscreens oder der Lithiumgewinnung für unsere zahlreichen Akkus.
Es fällt nicht leicht, mal einen ganzen Tag nur Dinge zu nutzen und zu kaufen, die weder der Umwelt noch den Menschen schaden. Es geht gleich nach dem Aufstehen los: Mit dem Kaffee, den man trinkt, mit dem T-Shirt, das man anzieht, mit der Wärme, die die Gasheizung produziert, mit dem Brötchen aus der Plastiktüte. Sollte jeder mal versuchen!

Hast du besondere Tipps für mehr Nachhaltigkeit im Alltag, die jeder umsetzen kann?
Es gibt tausend Kleinigkeiten, die man täglich selbst machen kann, ohne auf Andere, z. B. „die Politiker“ zu warten. Brötchen ohne Plastiktüte kaufen, keine Müllbeutel, sondern alte Zeitung benutzen, beim Baumarkt fragen, woher das Holz kommt, bei jedem Strandspaziergang etwas Müll mitnehmen, Kindern das Verhältnis von Natur und Mensch erklären, nur so viele Fische fangen, wie man auch selbst essen kann usw. Es gibt unzählige Dinge, die jeder von uns leicht täglich umsetzen kann.
Andererseits fahre ich – wenn ich nicht auf dem E-Bike sitze – einen alten Diesel, den ich sehr schätze. Man sollte es also nicht übertreiben, sonst verliert man die Lust. Der Mensch lebt nun mal in einer hoch technisierten Welt. Sich davon völlig abzukapseln, ist mir zu radikal.

Wie wichtig ist dir das Thema Nachhaltigkeit in deiner Funktion als Personalleiter beim Insel Sylt Tourismus-Service?
Sehr wichtig. Beruflich versuche ich, mit der Ressource „Mensch“ nachhaltig umzugehen. Mir ist ein fairer und offener Umgang wichtig. Anweisungen „von oben“ werden oftmals durch die richtige Kommunikation sowie die Einbeziehung der Mitarbeiter*innen besser mitgetragen. Die Mitarbeiter*innen sind das wichtigste Potenzial eines jeden Unternehmens – auch wenn Personalkosten der größte Kostenblock sind.
Grundsätzlich wünsche ich mir von Allen, dass sie ihre Arbeit mögen. Dann kommen Leistung und Identifikation mit dem Unternehmen von ganz allein. Behandelt man Saisonmitarbeiter*innen fair, kommen sie auch gern in der nächsten Saison wieder. Es geht um nachhaltiges Personalmanagement ohne ständige Neuausschreibungen und hohe Fluktuation. Diese ist beim ISTS sehr niedrig. Natürlich ist niemand perfekt, aber anscheinend machen wir auch einiges richtig.

Hast du eine Vision für Sylt 2030? Wie wird die Insel in puncto Nachhaltigkeit aufgestellt sein?
Ehrlich gesagt, kann ich mir im Moment die Welt kaum vorstellen, wie sie in nur drei Jahren von heute aussieht. Ich befürchte, dass noch die eine oder andere Herausforderung in der nächsten Zeit auf uns zukommt, die das Thema Nachhaltigkeit auf der Prioritätenliste möglicherweise eher wieder etwas in den Hintergrund rücken lässt. Das gilt nicht nur für Sylt, sondern global.

Wie hat sich bis dahin der ISTS als Arbeitgeber und touristischer Dienstleister entwickelt?
Ich wünsche mir, dass wir wieder mehr im persönlichen Kontakt zusammenarbeiten können, Menschen sind schließlich Herdentiere. Ich bin Personaler geworden, weil ich den zwischenmenschlichen Kontakt schätze. Videokonferenzen sind übergangsweise eine gute Notlösung – ohne die nonverbale, echte face-to-face Kommunikation geht aber auch viel unbewusste Information verloren.
Digitalisierung in den richtigen Bereichen hat enorme Vorteile, z. B. beim Bewerbermanagement oder der digitalen Personalakte. Skeptisch bin ich bei künstlichen Intelligenzen, wie sie derzeit im HR-Bereich gehypt werden: Wir dürfen den Menschen selbst sowie den Schutz seiner Daten bei aller Digitalisierung nicht vergessen, sonst laden wir uns irgendwann selbst in die Cloud hoch. Auch das bedeutet für mich Nachhaltigkeit.
Touristisch wünsche ich mir ein Sylt, welches genau die richtige Balance zwischen ressourcenschonender Nachhaltigkeit und maßvollem Wohlstand für die Insulaner findet. Wie das konkret genau aussehen wird, bin auch ich gespannt.

Lieber Steffen, toll, dass du dir Zeit für die Fragen genommen hast!

Das Interview führte unsere Nachhaltigkeitsmanagerin Kristina Kreiss

Steffens Rezept für ein umweltschonendes Geschirrspülmittel

  • 3 Teile Natron
  • 3 Teile Citronensäure
  • 2 Teile Soda

Die Zutaten sind alle 100 % biologisch abbaubar. Es gibt sie überall im Netz zu bestellen, wer ein kleines Start-up unterstützen will, bestellt z. B. bei sauberkasten.de. Dort gibt es dann nach dem Kauf auch noch Hinweise und Tipps. Man muss nämlich ein wenig herumexperimentieren, die Wirksamkeit der Rezeptur hängt z. B. auch von der Spülmaschine ab. Man kann auch vor Ort kaufen, z. B. bei BUDNI in Wenningstedt.

Ebenso sollte man wissen, dass das Geschirr zwar schön sauber wird, man sich aber von glänzenden, strahlenden Gläsern verabschieden sollte, wie man es von dem einen oder anderen chemischen Tabs gewöhnt ist. Zumindest habe ich dafür die richtige Rezeptur noch nicht gefunden. Aber ganz ehrlich: Braucht man das wirklich?