Sylt steckt voller Geschichte. Eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten ist der Friedhof der Heimatlosen in Westerland. So unscheinbar der kleine Friedhof mit seinen schlichten Holzkreuzen und Gedenktafeln auch ist, umso nachdenklicher stimmt einen ein demütiger Gang über die Sylter Gedenkstätte, wenn man über ihren Sinn und Zweck nachdenkt: Weil in früheren Zeiten unzählige Tote an den Stränden der Frieseninsel angeschwemmt wurden, richteten die Inselbewohner einen eigenen Friedhof für sie ein. Wer die Schiffsunglücksopfer waren, woher sie kamen und wohin sie wollten, bleibt für immer ein Geheimnis. Ihr tragisches Schicksal bleibt jedoch unvergessen, auch nach vielen Jahrhunderten. Genau deshalb solltet ihr den Friedhof der Heimatlosen besuchen und ein Stück Sylter Geschichte erleben.

Die letzte Ruhestätte für Seefahrer auf Sylt

Die „Heimatstätte der Heimatlosen“, wie die Sylter den Friedhof auch nennen, wurde im Jahre 1854 vom damaligen Strandvogt Wulf Hansen Decker angelegt. Auch zuvor wurden schon unbekannte Leichen angespült, doch auf einem Friedhof beerdigt wurden sie bis dahin nicht. Mehr als 400 Tote, die irgendwo über Bord gingen und ertranken, zählte ein Chronist über eine Zeitspanne von fast 300 Jahren zwischen 1600 und 1870 am Sylter Strand. Dann fassten einige Sylter sich ein Herz und setzten sich für den Friedhof der Heimatlosen ein, der auch heute noch in Westerland in der Elisabethstraße steht.

Übrigens waren nicht alle Toten unbekannt, eine Ausnahme gab es tatsächlich: Nur der Matrose Harm Müsker aus Holterfehn, der im jungen Alter von 18 Jahren sein tragisches Ende fand, wurde im Laufe der Jahrhunderte identifiziert. Das war im Jahre 1890. Eine von vielen Gedenktafeln erinnert noch heute an ihn. Beerdigt wird hier aber seit 1905 niemand mehr. Zwei Jahre darauf wurde der Friedhof geschlossen und zur Gedenkstätte ernannt, die in Besuchern weiterhin das Gefühl von Melancholie auslöst und an eine Zeit erinnert, als an Sylt noch viele Seefahrer vorbeisegelten und auf der Insel lebten.

Ein geschichtsträchtiger Ort auf der Frieseninsel

Schon zu den Anfängen des Friedhofs hat die letzte Ruhestätte der Heimatlosen anziehend auf die Besucher Sylts gewirkt. Sogar dem Adel blieb das Schicksal der Verunglückten nicht verborgen: Elisabeth zu Wied, die Königin von Rumänien, verbrachte ihren Sommer im Jahr 1888 auf Sylt. Sie residierte im Gartenhaus der Villa Roth, dem heutigen Hotel Roth. Auf dem Weg zum Strand im Westerland, kam Elisatbeth immer wieder am Friedhof der Heimatlosen vorbei. Noch vor ihrer Abreise stiftete sie Geld für einen Gedenkstein auf dem Friedhof, der noch heute dort steht. Die Sylter bedankten sich dafür und benannten die Straße nach ihr. Bleibt bei eurem nächsten Spaziergang über die Insel doch mal am Friedhof stehen und lest euch die Inschrift auf dem Gedenkstein durch, die letzte Strophe des Gedichtes „Heimat für Heimatlose“ von Rudolg Kögel. Hier haben wir sie aber auch nochmal für euch:

Wir sind ein Volk vom Strom der Zeit.
Gespült zum Erdeneiland,
voll Unfall und voll Herzeleid
bis heim uns holt der Heiland.
Das Vaterhaus ist immer nah,
Es ist das Kreuz von Golgatha,
Heimat für Heimatlose