Als gebürtige Sylterin dachte ich immer, ich würde jeden Sandkorn der Insel kennen. Einige wunderschöne Orte Sylts habe ich dabei außer Acht gelassen – um sie jetzt mit meinem Van zu erleben. Die Campingplätze auf der Insel. Der zweite Campingplatz: Westerland.

WESTERLAND

Hier bin ich vor 29 Jahren geboren und 19 Jahre aufgewachsen. Ungefähr genau so lange kenne ich den Campingplatz in Westerland. Nicht unbedingt, weil ich schon so oft hier campen war, um ehrlich zu sein ist es auch hier mein erstes Mal. Nein, der Grund ist die Osteria, das lokale Restaurant. Aber lasst uns gemeinsam den Platz erkunden und dabei in Erinnerungen schwelgen.

Im Süden Westerlands, zwischen Südwäldchen und Dünenlandschaft, liegt der größte Campingplatz der Insel – der Campingplatz Westerland. Ich fahre mit Armadillo die Einfahrt hoch, checke beim Insel Sylt Tourismus-Service ein, bekomme meinen Platz, WLAN und Gästekarte. Die Anmeldung läuft sehr professionell ab, fast wie in einem Hotel und nicht zu vergleichen mit der nordisch trockenen Art aus Hörnum. Meine Beschreibung ist keine Wertung, nur ein Gefühl. Nachdem ich den umfangreichen Plan verstanden habe, fahre ich durch die Wohnmobilburgen-Landschaft zu meinem Platz. Dieser ist schön groß, schräg vor und hinter mir sind die Plätze frei. Mein Glück für die Morgen- und Abendsonne, die ich in der Umgebung am Längsten genießen darf.

Wie jedes Mal erbaue ich mir meinen kleinen Campingtraum, stelle das Dachzelt auf, platziere Tische und Stühle, sowie Miguel, meine Monstera Pflanze, die jeden Campingtrip miterlebt. Die Sonne strahlt aus vollster Kraft und ich merke bald, dass ich in die Nordsee springen möchte. Auch der Campingplatz Westerland ist nur durch eine Düne von dem Weststrand entfernt. Von Armadillo bis zum Meer sind es nur etwa 100 Meter Luftlinie. Ich packe mein Inselkind Strandhandtuch unter den Arm, laufe über die Düne zum Strand und springe ins kalte Nass.
Das ist Ankommen. Das ist Leben. Wieder spüre ich, wie das Salz auf meiner Haut trocknet und meine Haare sich wellen. Die Augen brennen leicht, die Gedanken sind frei. Der Blick auf den Horizont gerichtet. Ich bin zu Hause.

Der Unterschied vom Strand in Hörnum zum Strand in Westerland ist deutlich spürbar. Der Tourismus, der sich vom Hot Spot Westerland über die Hauptstrände ausbreitet, kommt aber nicht nur mit mehr Menschen, sondern auch mit mehr Aktivitäten. Die Surfschulen mit SUP Verleih sind nur einen Spaziergang entfernt. Viele Fahrradverleihe sind rund um und in Westerland verbreitet. Westerland bietet einiges an Aktivitäten für Familien, für Paare und für Rentner. Hier wird jeder fündig und jeder glücklich, der mit ein bisschen Tourismus um sich herum klar kommt.

Fakten – Rund um den Campingplatz und ein paar Erinnerungen

Der Campingplatz stellt insgesamt 100 Saison-Stellplätze, 200 Touristenstellplätze und eine großzügige Zeltdüne, die ich persönlich wirklich einzigartig schön finde. Nachdem der Campingplatz jahrelang unter privater Führung war, ist er nun in den Händen des Insel Sylt Tourismus-Services unter Peter Douven. Im Zuge dessen wurde der Campingplatz grundlegend modernisiert. Es gibt neue sanitäre Anlagen, abschließbare Duschkabinen und alles ist sehr sauber und modern. WLAN ist gegen einen geringen Aufpreis tageweise verfügbar. Die professionelle Führung ist besonders dadurch spürbar, dass es zur Corona-Zeit viele neue Regeln gibt, auf die man freundlich und gewissenhaft hingewiesen wird.

Herr Ossenbrink, der die Campingplätze des Insel Sylt Tourismus-Service betreut, trifft sich mit mir auf einen netten Plausch und erzählt mir freundlich und angeregt von den Entwicklungen der Campingbranche und seinen beiden Campingplätzen (Rantum zählt ebenso dazu). Man spürt recht schnell, wie sehr er für seinen Beruf brennt, kennt jeden Dauercamper mit Namen und bemüht sich sehr um das Wohl aller Besucher. Er bittet aber auch darum, gerade jetzt zu Coronazeiten, in denen wir alle einen Camping-Boom erleben, zu reservieren.

Der Campingplatz liegt am südlichen Ende von Westerland. Bis zum Stadtzentrum sind es ungefähr 20 Minuten zu Fuß. Hier kann man nach Lust und Laune in der Friedrichstraße, Strandstraße und den vielen kleinen Seitenstraßen shoppen, essen gehen oder einfach über die Promenade flanieren, ein Eis essen und die Seeluft genießen.

Wer lieber vor Ort einkaufen möchte, kann dies auf dem Campingplatz Westerland ebenso tun. Ein kleiner Tante Emma Laden bietet alles, was das Camper-Herz begeht. Zwischen frischem Obst und Gemüse, gibt es ofenfrische Brötchen, kalte Getränke, Wurst, Käse, Milch, Nudeln, Reis, Zeitschriften und Spielzeug. Ich liebe solche kleinen Läden. Mein Herz wurde schlagartig mit so viel Nostalgiegefühl geflutet, dass ich gar nicht mehr raus wollte. Ich habe mich gefühlt, wie ein Kind, damals mit Mama und Papa im Urlaub, das sich eine Zeitschrift mit Spielzeug und ein Eis aussuchen durfte. Das ist es doch, wonach wir uns sehnen. Eine kindliche Leichtigkeit. Wie schön, wenn man sie dann und wann wieder spürt.

Nebenan befindet sich die legendäre Osteria S52 Seaside, das Restaurant auf dem Westerländer Campingplatz. Seit ich weiß, dass ich ein Sylter Deern bin, habe ich Erinnerungen an diesen besonderen Ort, denn im Restaurant befindet sich zwischen Pflanzen, Holz und urig maritimer Dekoration ein altes Auto. Als Kinder haben wir immer in diesem schwarzen Geländewagen ohne Dach gespielt, während die Eltern in Ruhe essen konnten. Abwechselnd wurde darüber entschieden, wer ans Lenkrad darf und die anderen imaginär kutschiert.

Die Speisekarte in der Osteria reicht von italienischen Klassikern bis zu mediterranen Genüssen. Zwischen Pizza und Surf & Turf bekommt man auch besondere Weine und vor Allem immer einen netten und witzigen Plausch. So auch dieses Mal, als ich nach einem langen Strandtag Bikini für Kleid eintauschte, und hervorragend zu Abend gegessen habe. Rainer, der die Osteria schon seit Jahrzehnten betreibt, ist wie immer ein unterhaltsamer und sehr freundlicher Gastgeber. In den letzten Sonnenstrahlen, die über die Düne blitzen, esse ich meine Carbonara nach Art des Hause (viel Sahne!) und genieße dieses Flair auf der Terrasse im Strandkorb. Eine Mischung aus Kindheitserinnerungen und dem neu gewonnenen Lebensgefühl überkommt mich und ich bin einfach dankbar für all diese Möglichkeiten und Momente.

Ein Abend und ein Morgen auf dem Campingplatz

Nach meinem Abendmahl spaziere ich über den Campingplatz zurück zu Armadillo. Das Campingflair ist hier sehr deutlich zu spüren, zu sehen und zu hören. Die Menschen sitzen gemeinsam vor ihren Wohnmobilen, reden angeregt, lachen, spielen Karten und trinken einen Schlummertrunk. Die Gespräche, die ich aufschnappe, lassen mich innerlich lächeln. So fragte ein älterer Herr seine Gattin, ob Gisela und Horst noch rum kommen. Man kann sich nun vorstellen, dass diese beiden Paare sich schon vor Jahren auf diesem Campingplatz kennengelernt haben und sich nun Jahr für Jahr auf ein Wiedersehen freuen.

Ich mache mir eine Flasche Wein auf und beobachte die Szenerie. Kinder spielen auf den leeren Plätzen, lachen herzlich über ihre roten Wangen, eine jugendliche Sommerromanze scheint sich ein Stückchen weiter zu entwickeln und dann läuft ein älteres Pärchen, beide in Crocs, Jogginghose und mit selbst gestrickten Wollpullovern an mir vorbei. Das ist Camping. Bodenständig, herzlich, genügsam.

Es ist kurz nach vier am Morgen und ich kann nicht mehr schlafen. Ich öffne das kleine Fenster an meinem Dachzelt und sehe, dass der Himmel bereits leicht bläulich schimmert. Nicht mehr lange und die Sonne würde aufgehen. Ich schnappe mir ein Handtuch, ziehe eine Jacke über und laufe rüber zu den Dünen. Über den Gräsern blitzen hier und da die Spitzen der Zelte heraus. Ich lege mich in eine kleine Sandmulde und beobachte den Sonnenaufgang über Westerland. Das goldene Licht überflutet die Dünen und Camper auf dem gesamten Platz. Es ist ein Moment voller Ruhe und Frieden. Die Luft ist kalt und frisch. Auf mich wirkt sie bei all der Müdigkeit belebend. Ich genieße diesen Augenblick und das Wunder der Natur. Für ein paar Minuten finde ich sogar noch ein bisschen Schlaf und ruhe noch ein wenig in diesem einzigartigen Moment.

Langsam beginnt das Leben wieder auf dem Campingplatz und ich werde durch ein paar Fußschritte neben mir wach. Es ist immer noch sehr früh, vielleicht sechs Uhr. Die Sonne steht nun so hoch, dass es ihr Licht über die Düne schafft. Ich laufe durch die Sandberge rüber zum Strand und gönne mir eine belebende morgendlich „Dusche“ im Meer. Schlagartig fühle ich mich wach und voller Energie. Ich verweile noch einige Minuten am Strand, das Sonnenlicht schon leicht wärmend im Rücken, und schaue auf den Horizont. Schöner kann ein Tag nicht beginnen.

Auf dem Rückweg zu Armadillo kaufe ich ein paar ofenfrische Brötchen im Tante Emma Laden und zaubere ein beträchtliches kleines Frühstück zu. Alle Lebensgeister geweckt, freue ich mich auf einen weiteren Tag auf dem Westerländer Campingplatz in den Dünen.

 

Dieser Blogbeitrag ist ursprünglich auf www.wanderjoe.de erschienen.